Menschlichkeit in einer automatisierten Welt

Neo Cab (Video Game 2019) - IMDbIn Neo Cab spielt man als Lina, die letzte menschliche Taxifahrerin in Los Ojos. In dieser Stadt, welche vom Konzerngiganten Capra mit voll automatisierten Taxis dominiert wird, versucht Lina sich ein neues Leben aufzubauen, doch ihre  beste Freundin und zukünftige Mitbewohnerin Savy verschwindet am Tag ihrer Ankunft spurlos. Dir bleibt als Lina nichts anderes übrig als weiter durch die Stadt zu fahren, um Informationen und Geld aufzutreiben, um durch die Nächte zu kommen. 

Im Vordergrund stehen in diesem Spiel das Dialogsystem mit Antwortauswahlmöglichkeiten mit deren Hilfe Lina Gespräche mit den Fahrgästen führt, um eine bestmögliche Bewertung von diesen zu erhalten. Sollte die Bewertung zu lange unter 4 Sterne fallen, verliert sie ihren Job. Mithilfe eines “Feelgrids” wird der Gemütszustand der Protagonistin während ihrer Fahrten angezeigt. Sollten die Unterhaltungen Lina zu sehr aufwühlen, sind nur noch eingeschränkt Antworten wählbar und Lina kann aufgrund kollidierender Weltbilder und daraus resultierender Diskussionen ihren Job verlieren. 

Neo Cab ist für die Nintendo Switch (20€) und den PC (15€) erhältlich und hat eine Spielzeit von zwei bis drei Stunden. Für eine Diskussionsgrundlage reicht es aber auch, die erste Stunde anzuspielen. In diesem Zeitrahmen sollten vier bis fünf Unterhaltungen mit Fahrgästen möglich sein. Das Spiel ist offiziell ab 16 Jahren freigegeben, weswegen ein Einsatz für die Sekundarstufe 2 gedacht ist. 

 

Was ist der Mensch? – Thematische Anknüpfungspunkte

Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Gesprächen bietet Neo Cab einige Anknüpfungspunkte für weitere Recherchen, Arbeiten und Diskussionen. Einerseits spielt der Fortschritt der Digitalisierung und Automatisierung eine zentrale Rolle. Normalerweise werden die Figuren in vollautomatischen Taxis durch die Stadt kutschiert, sie tragen Wearables und ihr Alltag ist grundsätzlich von Technologien bestimmt. 
Im Gegensatz dazu steht in den Unterhaltungen das Menschliche, das häufig als Makel oder unzurechnungsfähig betrachtet wird. Dadurch werden philosophische Kernfragen nach dem Mensch-Sein und Selbstverwirklichung aufgeworfen. 

Mithilfe von Neo Cab können Themen wie die Auswirkungen der Digitalisierung auf unseren (Arbeits)Alltag, Jobgefährdung durch Digitalisierung, der Einfluss von Großkonzernen auf gesellschaftspolitische und arbeitsrechtliche Belange und Armut trotz Arbeit angesprochen und diskutiert werden. Durch die aktivistische Gruppierung “Radix” entsteht bereits im Spiel ein Diskussionsfluss, der auch in der Arbeit mit den Schüler*innen wieder aufgegriffen werden kann. 

 

Gig Economy – Thematische Anknüpfungspunkte

In Zeiten, in denen man mit wenigen Klicks ein Taxis rufen oder sein Mittagessen bestellen kann, spielt der Begriff der Gig-Economy immer häufiger eine zentrale Rolle. Hierbei werden Arbeitnehmer*innen sogenannte “Gigs”, also kleine, zeitlich befristete Aufträge, von Unternehmen wie Lieferando oder Uber angeboten. Von den Firmen wird diese Form des Arbeitsverhältnisses als “ein Stück Selbstständigkeit” beworben, jedoch hält die Gig-Economy nicht, was sie verspricht, sodass Ausbeutung ein immer gegenwärtiges Problem darstellt. 

In Neo Cab nimmt die Taxifahrerin Lina immer wieder Fahrten an, um sich so über Wasser halten zu können und ihre Freundin weitersuchen zu können. Das Spiel eignet sich dadurch als Anstoß, um mit Schüler*innen über prekäre Arbeit zu sprechen. Häufig muss in dem Spiel abgewogen werden, ob Lina noch in der Lage ist, eine weitere Fahrt anzunehmen, um sich eine geeignete Unterkunft für die Nacht zu leisten oder ob man mögliche Risiken eingehen muss. 

 

Methodische Zugänge

Kritische Recherche zu In-Game-Inhalten und ihren realweltlichen Bezügen

Im Rahmen der beiden anschließend vorgestellten Unterrichtsmethoden sollte ausreichend Recherchezeit und -material zur Verfügung gestellt werden. Je nach Niveau können dabei entweder konkrete Zeitungsartikel ausgelegt werden oder Frage- und Aufgabenstellungen (gemeinsam) ausformuliert werden. Damit keine falschen Informationen weitergegeben und in die Projekte der Schüler*innen einfließen, sollte das zusammengetragene Material immer wieder im Plenum oder ein Kleingruppen mit der Lehrperson besprochen werden. 

 

Radiosendung “Good Night, Los Ojos”
Eine Möglichkeit, um alle erarbeiteten Fragestellungen, Recherchen und Diskussionen in einem großen Gesamtprojekt unterzubringen, wäre die Gestaltung eine abendliche Radiosendung in Großgruppen, welche auf den Straßen von Los Ojos und somit auch für Lina hörbar ist. Die Schüler*innen definieren dafür unterschiedliche Rollen, wie bspw. ein Moderator*innen-Team, eingeladene Gäste von Capras und/oder Radix, erzürnte und begeisterte Anrufer*innen usw. und weisen sich diese selbstständig zu. Innerhalb der Gruppen können Skripte oder Stichwörter für Gespräche geschrieben werden, Zeitpläne erstellt werden (Wie lange sollte die Sendung generell dauern? Wie lange einzelne Parts?) und möglicherweise lizenzfreie Musik und Soundeffekte suchen. Sollten die Inhalte und der Ablauf abgesprochen worden sein, können die Schüler*innen je nach Ausstattung mit ihren Smartphones oder mit Mikrofonen ihre Parts aufnehmen und am Computer mit Freeware wie bspw. Audacity oder GarageBand zusammenfügen.

Lernziele: 

  • Förderung kommunikativer Kompetenzen 
  • Förderung von Kreativität durch das Entwickeln von Sprecher*innenrollen und Skripten 
  • Erlernen von Zeitmanagement
  • Förderung von Kollaboration als Kompetenz
  • Förderung von kritischem Denken und Recherchekompetenz
  • Förderung von Medienkompetenz und technischen Fähigkeiten

 

Let’s Play zu einer Konversation mit einem ausgewählten Fahrgast
Ein Let’s Play ist das Vorführen und Kommentieren eines digitalen Spiels, während dieses gespielt wird. Dabei kann es sich entweder um eine Live-Übertragung auf Plattformen wie bspw. Twitch handeln oder um aufgenommene Spielsessions, welche danach auf YouTube und Co. hochgeladen werden. 
Let’s Plays als Unterrichtsmethode eignen sich durch das selbstständige Auswählen von Themenschwerpunkten um selbstgesteuertes Lernen zu fördern. Die Schüler*innen sollen sich vor der Aufnahme eine für sie besonders interessante Szene auswählen, thematisch relevante Fragestellungen entwickeln und dazu Informationen recherchieren, um diese in einem flüssigen Gespräch während des Let’s Plays einzubinden. Die Schüler*innen sollen dazu ermuntert werden, rege Diskussionen dabei zu führen und Informationen an interessierte Zuschauer*innen über das Spiel aber auch über die thematischen Hintergründe zu geben. Dabei kann sich fertige Ergebnis durch die selbst gewählte Schwerpunktsetzung stark unterscheiden. 

Lernziele:

  • praxisnahe Anwendung von Kompetenzen, wie bspw. Problemlösung, kritisches Denken und strategisches Planen
  • Förderung von Medienkompetenz und technischem Know-how durch den Einsatz von Spielkonsolen und Aufnahmetools
  • Förderung von kritischem Denken und Recherchekompetenz
  • Förderung von Teamarbeit und Kommunikation
  • Förderung der Reflexionskompetenz durch kritischen Feedbackprozesse